Martin Kastendieck

* 14. Oktober 1883 in Förlingen, Kreis Diepholz
+ 28. August 1963 in Braunlage

Landgerichtsdirektor in Nordhausen, 1935 nach
Auseinandersetzungen mit dem NS-Kreisleiter
ans Oberlandesgericht Naumburg/Saale versetzt

1942-1951 Senatspräsident am Oberlandesgericht Celle

1952 Umzug nach Walsrode ins Elternhaus seiner Frau Lisi
geborene Drell. Nach ihrem Tod 1972 fiel das Gebäude
an die Stadt (Kastendieckhaus).
 

Der Jurist Martin Kastendieck erblickte am 14. Oktober 1883 in Förlingen im Kreis Diepholz das Licht der Welt. Als in Stade wohnender Gerichtsassessor heiratete er am 22. Oktober 1912 in Walsrode Elisabeth Drell (1886-1972), genannt Lisi, Tochter des ortsansässigen Kaufmanns Georg Drell.

In den Quellen hört man erst wieder 1934 von ihm. Als nunmehriger Landgerichtsdirektor im thüringischen Nordhausen hatte er den dortigen NS-Kreisleiter wegen Nötigung und versuchter Erpressung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Ein solches Urteil hatte der Gauleiter mit erpresserischen Mitteln zu verhindern versucht. Auch danach hetzte er gegen Kastendieck, um ihn aus dem Amt zu treiben.

Trotz Unterstützung durch die Justizverwaltung konnte dieser sich gegen die Partei nicht durchsetzen. Im Dezember 1935 wurde Martin Kastendieck an das Oberlandesgericht Naumburg/Saale versetzt, wo er ausschließlich Zivilsachen bearbeitete. Der dortige Gerichtspräsident machte sich für seine Rehabilitierung stark, scheiterte aber immer wieder am Widerstand der NS-Machthaber.

Erst die Verurteilung des Nordhausener Kreisleiters wegen Unterschlagung zu einer erneuten Freiheitsstrafe veränderte 1942 die Haltung der Partei. Martin Kastendieck konnte nun zum Senatspräsidenten beim Celler Oberlandesgericht ernannt werden. Bedingt durch die Kriegsumstände musste er zunächst aber weiter in Naumburg bleiben. 1945 wurde er für kurze Zeit Oberstaatsanwalt und ständiger Vertreter des Generalstaatsanwalts in Naumburg. Erst im September 1946 konnte er dann sein Amt als Senatspräsident in Celle antreten.

Nach seiner Pensionierung 1951 zog er im Mai des Folgejahrs mit seiner Frau Lisi in ihre Heimatstadt Walsrode. Martin Kastendieck starb am 28. August 1963 auf einer Urlaubsreise in Braunlage. Das große, 1757 erbaute Drell’sche Haus in der Langen Straße 27 vermachten die Eheleute (nach dem Tod von Lisi Kastendieck 1972) der Stadt Walsrode. Es ist heute als Kastendieckhaus bekannt und beherbergt eine Anwaltskanzlei.

 

Quelle: Stephan Heinemann: Walsroder Straßen und ihre Namensgeber. Eine Sammlung von 67 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Technik, Religion, Kunst und Kultur, Walsrode 2002.