Chronik der Walsroder Kantorei

Die Anfänge 1905 - 1918

Die Gründung eines Kirchenchores der Stadtkirche Walsrode weist auf das Jahr 1905 hin. Am 14. November 1905 schreibt Rektor Vollmer an den Kirchenvostand:

„Vor einiger Zeit habe ich den hiesigen Magistrat gebeten, den Lehrern Brüssel und Steinmetz, welche den Kinderchor in der hiesigen Kirche leiten, aus dem Wolff`schen Legate eine einmalige Zuwendung von ca. 50 Mark zu gewähren, um auf solche Weise das Interesse der genannten Lehrer an dem Kirchenchor zu fördern. Wie aus dem anliegenden Schreiben des Magistrats, um dessen spätere gefällige Rückgabe ich bitte, hervorgeht, ist der Magistrat bereit, 50 Mark zu dem genannten Zwecke zu bewilligen, wenn der Kirchenvorstand eine gleiche Summe aus seinen Mitteln bereit stellt. Für die liturgische Ausgestaltung des Gottesdienstes ist der Kirchenchor nicht ohne Bedeutung, und ich zweifele deshalb nicht daran, daß der Kirchenvorstand meine Bitte, den Lehrern Brüssel und Steinmetz zusammen eine einmalige Zuwendung von 50 Mark zu gewähren, erfüllen wird.“

Am 5. Februar 1907 erfolgte dann der eigentliche Aufruf zur Gründung des Kirchenchores. Die Vorträge des Männergesangsvereins in Gemeinschaft mit dem Kinderchor zu Weihnachten 1906 hatte den Wunsch laut werden lassen, „kirchliche Feiern durch mehrstimmigen Gesang zu heben“.

Der § 2 der am 18. November 1907 unterschriebenen Statuten lautet:

„Mitglied kann jeder werden, der
a sich zur hiesigen Kirche hält,
b sich zur Mitgliedschaft eines Kirchchors würdig zeigt,
c über eine, nach dem Urteil des Gesangsdirigenten, ausreichende Stimme verfügt,
d und sich verpflichtet, an den Übungsabenden und Vorträgen teilzunehmen.“

Endlich wird der Wunsch ausgesprochen, dass die Plätze vor der Orgel sämtlich für den Chor frei bleiben und die dort berechtigten Kirchenstuhlinhaber gegen Anweisung anderer Plätze ihr Recht auf diese Sitze aufgeben sollten. Der Vorsitzende übernimmt die Verhandlungen darüber mit den Kirchenstuhlberechtigten und dem Kirchenvorstand.

Seit 1909 hielten die Damen die wöchentlichen Gesangsübungen alleine als Frauenchor, dreistimmig, während die Herren nur zu den Übungsabenden vor den 3 hohen Festen hinzu traten.

1918 - 1945

Die Entwicklung des Kirchenchores verlief nicht immer kontinuierlich. Bereits in den ersten Jahrzehnten war er zahlreichen wechselvollen Ereignissen ausgesetzt.

Nach der Beschränkung auf einen Frauenchor brachte die Zeit zwischen den Weltkriegen einen Wechsel in der musikalischen Leitung mit sich.

1931 führte die Chorgemeinschaft ein erstes öffentliches Konzert mit Programm und Zeitungsnotiz auf.

Im Mai 1935 starb Herr Kantor Othmer, wonach das Amt von Herr H. Schade übernommen wurde.

Bereits zum Jahreswechsel rief Kantor Schade die Frauen der Kirchengemeinde zur Bildung eines Frauenchores auf, der nicht nur an hohen Festen, sondern auch bei gottesdienstlichen Feiern mitwirken sollte.

Als im Jahre 1941 Herr Schade eingezogen wurde, übernahm Herr Karl-Heinz Davin das Organistenamt und Frau Anja Heyden die Leitung des Frauenchores.

Noch in den letzten Kriegsjahren fanden sich einige Männer bereit, in dem Chor mitzusingen, so dass der Frauenchor zu einem vierstimmigen Kirchenchor wurde und sein Bestehen über das Kriegsende hinaus retten konnte.

1945 – 1957 Gottfried Koch

In den folgenden Nachkriegsjahren wurde der Chor zu einer festgefügten „Singgemeinde“ und im Jahre 1948 bekam die Evang. Kirchengemeinde Walsrode einen hauptamtlichen Organisten, Herrn Gottfried Koch. Im März 1953 übernahm er auch die Leitung des Kirchenchores. Anfang 1957 ging Herr Koch als Kantor an die Kirchengemeinde in Berlin-Lichtenrade. Sein Nachfolger wurde Herr Kantor Werner Henke.

1957 – 1982 Werner Henke

Der Kirchenchor bestand zu dieser Zeit aus nur 20 Mitgliedern und das größte Bestreben war es zunächst diesen bekannter und vor allem größer zu machen. Dazu nötig waren unter anderem die richtige Literatur und Werbung.

Durch die Nebenbeschäftigung als Musiklehrer am Gymnasium Walsrode kam Herr Henke mit vielen jungen Menschen, vor allem aber auch mit vielen Lehrerfrauen und Lehrern in Kontakt. So wuchs der Chor bald auf 40 bis 50 Mitglieder an, sodass schon bald das erste größere Werk in Angriff genommen werden konnte. Es war die Johannes-Passion von Georg Friedrich Händel.

Im Jahre 1962 und mit 62 Mitglieder wurde zum ersten Mal das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach aufgeführt. Auf den dadurch entstandenen Erfolg bauend wurde für 1963 das Oratorium Messias von Georg Friedrich Händel aufs Programm gesetzt. Im Chor standen nun 78 Mitglieder und als Orchester waren zum ersten Mal die Hamburger Symphoniker dabei.

Bemerkenswert bei dieser Aufführung am 2. November 1963 war die Besucherzahl von ca. 2000 Menschen. Schon kurz darauf wurde dem Chorleiter Werner Henke der Titel „Kantor“ verliehen und der Kirchenchor Walsrode wurde in „Kantorei Walsrode“ umbenannt.

In den Jahren bis 1982 erfolgten weitere wunderbare Aufführungen, wie Messen von Mozart, Schubert, Haydn u.s.w. Besondere Höhepunkte waren 1973 die H-moll-Messe von J. S. Bach und das Brahms Requiem 1967. Der Landeskirchenmusikdirektor Götz Wiese aus Celle übernahm sogar selbst Anfang der 80er die Aufgabe des Dirigierens, womit deutlich wurde, welche Bedeutung die Walsroder Kantorei in der Zwischenzeit erworben hatte.

1982 – 1991 Elmar Werner

Die Kantorei bestand mittlerweile aus fast 100 Menschen. Es wurden einige bedeutende A-capella-Werke, überwiegend von Komponisten des 20. Jahrhunderts, aufgeführt, sowie das Requiem von Mozart und das Oratorium „Christus“ von Franz Liszt.

In der zweiten Hälfte der 80-er Jahre war es möglich, die Beziehung zur Partnergemeinde in Markkleeberg zu intensivieren. Sehr wichtig dabei waren die Besuche von Chor-Delegationen aus Walsrode in Markkleeberg, wodurch viele intensive persönliche Beziehungen und Freundschaften entstanden sind.

Schon kurze Zeit nach der Öffnung der Mauer nahmen sechs Chorsänger/-innen aus Markkleeberg an unserer Aufführung des Weihnachts-Oratoriums von Bach teil. Im folgenden Jahr war erstmals der Besuch der Markkleeberger in Walsrode möglich. Es wurde eine Veranstaltung, für die das Wort „Fest“ nur eine müde Untertreibung ist.
 

1991 – 1994 Christoph Andreas Schäfer

In der relativ kurzen Zeit, in der Herr Andreas Schäfer Kantor war, wurden Mozarts „Spatzenmesse“, sowie einige Bach-Kantaten einstudiert.

Außerdem wurde das Weihnachtsoratorium von Bach, kombiniert mit „A Ceremony of carols“ von Benjamin Britten für Frauenchor und Harfe aufgeführt.

Die Zusammenarbeit dem Kinderchor fruchtete im Juli 1994 mit der Aufführung des Musicals „Joseph“.

1994 – 2002 Matthias Pech

Auch der neue Kantor Matthias Pech führte die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen fort. So fing er mit Gospels an und trat schon 1996 mit dem „Jungen Chor“ und dem Rock-Oratorium „Eversmiling Liberty“ auf. Kurz darauf folgte 1997 der Kinderchor mit der Kinderoper „Die Kinder von Girouan“ (Frieden auf dieser Welt).

Mit der Kantorei erfolgten Aufführungen der „Schöpfung“ 1995 und 1996 die brisante Aufführung der „Chichester Psalms“ von Leonard Bernstein.

Unbestrittene Höhepunkt waren aber die Aufführungen des „Elias“ von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Auch die Zusammenarbeit mit anderen Chören wurde fortgeführt, zum Beispiel mit „Carmina Burana“ von Orff mit Uelzen und dem Weihnachtsoratorium von Herzogenberg mit Soltau. Hervorzuheben ist auch die gemeinsame Zeit mit der Gifhorner Kantorei.

Um mit Musik etwas zu übermitteln und anderen Menschen eine Freude zu bereiten, hatten sowohl der Posaunenchor als auch die Kantorei regelmäßige Einsätze zu den Festtagen im Krankenhaus – eine wunderbare Tradition, um Menschen, die es besonders nötig haben, ein wenig Licht zu bringen.

seit 2003 Holger Brandt

Im Mai 2003 trat Holger Brandt seine erste Kantorenstelle hier in Walsrode an und sorgte seitdem für einige sehr gelungene Auftritte. Exemplarisch seinen hier die Aufführungen von Dvoraks Stabat mater und Haydns Schöpfung genannt. Überdies setzt er sich stark für diesängerische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen ein. Als neue Veranstaltungsformate sind in dieser Zeit die Nacht der Chöre (oder Nacht der Klänge) und der Musikalische Marathon im Kirchenkreis entstanden.

Am 28.09.2008 bekam die Kantorei Walsrode für ihr 100 jähriges Bestehen die "Zelter-Plakette" verliehen.